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AutorenbildAntje

Hoffnung schenken - Reisebericht Rumänien

Letzte Woche durfte ich relativ spontan mit einer Gruppe nach Rumänien reisen. Warum ich dort war und was wir erlebt haben, erfährst du in diesem Artikel.


Am Donnerstag, dem 18.04.2024 ging es für mich schon morgens früh los, obwohl das Flugzeug erst gegen Nachmittag abheben würde. Aber so ist das nunmal mit einem Selbstständigen in der Familie. ;)


Ein paar Stunden später traf ich die Gruppe, mit der ich das Wochenende verbringen würde, kurz vor dem Abflug am Gate. Die einzigen die ich mehr oder weniger flüchtig durch vorherige Interviews kannte, waren Simon und sein Vater Albert. (Die Podcast-Folge mit den beiden kannst du hier oder auf meinen YouTube-Kanal hören.)


Die Zeit vor dem Abflug nutzen wir, um uns wenigstens vorzustellen und den ein oder anderen ein klein wenig besser kennen zu lernen. Ehrlich gesagt, konnte ich mir nur etwa zwei der neun neuen Namen direkt merken und habe gehofft, dass das nicht zu stark auffällt.


Eine Gruppe von Freiwilligen in Rumänien vor einer neu gebauten Turnhalle.
Unsere Reisegruppe

Im Flugzeug saßen die meisten von uns relativ weit auseinander, sodass ich den durch den frühen Tagesstart verpassten Schlaf nachholen konnte.


In Iasi angekommen, wurden wir von zwei Mitarbeitern des Internats „Lahai-Roi“ herzlich begrüßt, bevor es mit zwei Kleinbussen in Richtung Viktoria ging, wo das Internat liegt. Während der Fahrt durfte ich ein wenig mehr über die Personen im Auto erfahren und haben direkt die nächste Aufgabe für ein Interview bekommen.


Albert mit einem der Internats-Jungs

Im Internat selbst wurden vor allem Albert und Simon stürmisch von den offensichtlich begeisterten Kindern begrüßt. Es wird sofort klar, dass die beiden hier zur Familie gehören. Während der Reise wurde Albert als „Internats-Opa“ bezeichnet, und das ist er wirklich. Sein herzlicher Umgang mit den Kindern, deren Sprache er ansatzweise versteht, hat mich vom ersten Abend an fasziniert. Seine Liebe zu diesen Kindern ist offensichtlich und er ist auch niemand, der diese verstecken würde. Im Gegenteil: er sieht jedes Kind und behandelt sie wie seine Enkel.


Nach einem sättigenden Abendessen, ging es für mich auch schon bald ins Bett, während einige aus der Gruppe die Gemeinschaft untereinander noch ein wenig länger genossen hat.


Am nächsten Tag blieb ein Teil der Gruppe für einige Besprechungen mit dem Team vor Ort im Internat, während der andere Teil sich mit einem der Kleinbusse auf den Weg nach Cioca Boca machte. Unser Plan war es dem Pastor aus Iasi dabei zu helfen, Hilfspakete an einige der ärmsten Familien zu liefern und diese Familien wenigstens kurz zu besuchen.


Doch vorher machte Albert noch einen Zwischenstopp an einem Kloster in Hadâmbu mit uns, damit wenigstens etwas Sightseeing verbuchen konnten. Die Gebäude waren aufwendig und eindrucksvoll verziert. Andächtiger Gesang, der aus den Lautsprechern erklang, begleitete uns auf jedem Schritt. Doch so schön der Ort auch war, so wenig konnte all die Kunstfertigkeit darüber hinweg täuschen, dass er leer war. Nur wenige Besucher hielten sich in dem hinteren Hof auf. Doch die eigentliche Leere lag meines Erachtens nach darin, dass dieser Ort, so schön er auch war, lediglich für Religion erbaut wurde, nicht um den Glauben zu stärken oder Suchenden Zuflucht zu gewähren. Wir können noch so schöne und imposante Gebäude bauen, doch wenn Jesus nicht im Zentrum ist, dann bleiben diese Gebäude leer.



Viel mehr Herzlichkeit und Wärme wurde uns bei den ärmsten der Gegend entgegen gebracht. Mir hat das wieder vor Augen geführt, wie irrelevant der Ort der Anbetung ist, solange das Herz stimmt.


In der ersten Familie, die wir besuchten, stellte sich kurz nach unserem Eintreffen heraus, dass die Großmutter erst kurz zuvor gestorben war. Die Mutter von sechs Kindern, darunter ein Zwillingspaar, das nur ein paar Monate alt war, hatte alle Hände voll zu tun, während sie selbst trauerte. Ihr Mann ist den ganzen Tag auf der Arbeit, um seine Familie wenigstens mit den Grundnahrungsmitteln zu versorgen.


Albert, der Gründer des Internats in Iasi übersetzte für uns ins Deutsche, was die Frau und der Pastor, der uns begleitete, sprachen. Eine Herausforderung für den knapp über 60-jährigen, da er selbst ebenfalls aus Deutschland kam und in den letzten Jahren, in denen er immer wieder nach Rumänien flog, immer wieder einiges dazu gelernt hatte. Nichtsdestotrotz machte er seine Arbeit gut, sodass wir den Kern des Gesprächs immer verstanden.


Von links: Ellen, ich und Werner hören aufmerksam zu (auch wenn hier gerade etwas auf rumänisch erzählt wird)

Seine Herzlichkeit beschränkte sich nicht nur auf die Kinder und Mitarbeiter des Internats, sondern weitete sich auch auf die Familien in diesen mitleidserregenden Umständen aus. Albert hat keinerlei Berührungsängste, sondern begegnet den Menschen auf Augenhöhe - egal welcher sozialen Schicht sie angehören. Seine kindliche Leichtigkeit im Umgang mit seinen Mitmenschen bewegt mich tief und ermutigt mich, mehr auf meinen Gegenüber zuzugehen; weniger über meine Wirkung auf die Anderen zu denken, als daran, ihnen das Gefühl zu geben gesehen und wertgeschätzt zu werden.


An diesem Tag besuchten wir elf Familien, die verschiedene Geschichten erlebt, aber alle eine Gemeinsamkeit hatten: sie lebten am Existenz-Minimum. Durch die Hilfspakete aus verschiedenen Nahrungsmitteln sowie finanzielle Unterstützung geben der Pastor, Sandel Stoica aus Iasi und die Mitarbeiter von Lahai-Roi ihnen mehr als praktische Hilfe. Sie geben Hoffnung weiter.



Unzählige Eindrücke und ein von Gesang und Alberts Klavierspiel begleiteten Mittagessen in der hiesigen Gemeinde später ging es für uns zurück in die Stadt. Dort trafen wir uns mit dem Rest der Gruppe sowie einigen Mitarbeitern des Internats, um gemeinsam Essen zu gehen und die Gemeinschaft zu genießen.


Dieses Abendessen war meines Erachtens ebenfalls mehr als lediglich ein entspannter Abend in guter Gesellschaft. Durch die Einladung ins Restaurant wurde den Mitarbeitern des Internats Wertschätzung für ihren engagierten Dienst für die Kinder entgegen gebracht. Denn freie Abende gibt es in einem Internat mit über 40 Kindern Kindern verständlicherweise nicht besonders oft.


Anschließend ließen wir den Abend mit einem Spaziergang durch die wunderschöne Altstadt von Iasi ausklingen.



An diesem Abend fiel ich dank der Vielzahl an Eindrücken todmüde ins Bett.


Der nächste Tag, ein Samstag, ,war für die Einweihung der neuen Turnhalle reserviert, die die Werner-Erkes-Stiftung dem Internat gesponsert hatte. Ein Gottesdienst mit Beiträgen, Liedern und von den Kindern auswendig gelernten Versen leitete den Tag ein. Der Raum war nicht nur mit Kindern aus dem Internat gefüllt. Es waren auch einige Besucher aus der Gegend und sogar einige Eltern zur Feier gekommen.


Alle Beiträge wurden von Adi, einem Rumänien, der in Deutschland als Übersetzter arbeitet, entweder vom Deutschen ins Rumänische oder vom Rumänischen ins Deutsche übersetzt, wofür gerade wir Deutschen mehr als dankbar waren.


Selbst wenn man die Gesichte nicht versteht, fesselt Alberts Art zu erzählen.

Als Albert jedoch die Geschichte von Abraham und Lot für die Kinder regelrecht nachspielte, hatte ich den Eindruck, dass eine Übersetzung nicht wirklich nötig war. Denn die Kinder hingen regelrecht an seinen Lippen. Auch Werner und Cedric, die Leiter der Stiftung, und eines der Kinder wurden in Alberts Gesichte mit einbezogen.


Anschließend wurde die Turnhalle feierlich mit dem Durchschneiden eines roten Bandes eröffnet und direkt von Kindern geflutet, die ihre wahre Freude daran hatten, sich dort auszutoben. Doch auch die Erwachsenen kamen nicht zu knapp. Bälle flogen durch die Gegend, Kinder lachten, Erwachsene unterhielten sich und freuten sich an der Ausgelassenheit der Kinder. Der ein oder andere der Erwachsenen ließ sich sogar dazu verleiten, mit den Kindern gemeinsam durch die Halle zu toben.



Ich durfte mich mit einer Mitarbeiterin des Internats unterhalten, die zum Glück englisch und russisch sprach, da ich nie rumänisch gelernt habe. Natasha war in Moldavien in einem Kinderheim aufgewachsen und vor etwa drei Jahren nach Rumänien gekommen, um zu lernen und war dabei auf das Internat gestoßen, das noch Mitarbeiter brauchte. Ihre Geschichte faszinierte mich und ließ mich dankbar dafür werden, dass ich in einem guten Umfeld mit mehr als genug Möglichkeiten und Chancen aufwachsen durfte. Ihr selbst war dieses Glück nicht vergönnt gewesen. Doch statt sich selbst zu bemitleiden und aufzugeben, kämpfte sie sich aus dem Morast ihres Lebens, wie sie es bis dahin kannte, heraus und entschied sich anderen zu helfen, die in einer ähnlichen Situation sind wie sie es war.


Natascha und ich haben uns lange unterhalten, wobei ich viel von ihr lernen durfte.

Durch ihren Hintergrund versteht sie die Kinder im Internat um einiges besser als jeder, der auf eine gute und gesunde Kindheit zurück blicken kann.


Es stimmt mich dankbar zu sehen, wie Gott fehlerhafte Umstände und Menschen gebraucht, um sich selbst groß zu machen und Hoffnung in diese Welt zu tragen. Denn auch wenn die Kinder im Internat vielleicht noch nicht in Gänze verstehen, was für ein Glück es für sie ist, jemanden wie Natasha um sich zu haben, so werden sie es hoffentlich beim Rückblick auf ihre Zeit im Kinderheim erkennen können.


Natasha ist nicht die einzige, die ihr Leben und ihr Herz in diese Kinder investiert.


Coco, einen weiteren Mitarbeiter, habe ich zum Beispiel in meiner ganzen Zeit dort im Internat nicht einmal sitzen sehen. Er war immer auf den Beinen, trug Kinder auf dem Arm, fuhr die Kinder in aller Frühe in die Schule und kümmerte sich abends sogar noch darum, dass wir als Gruppe etwas zu essen bekommen. Er schien seine Aufgaben genau zu kennen, nahm sich Zeit für uns, die wir alleine durch unseren Aufenthalt dort den Alltag etwas durcheinander brachten, sah, was gebraucht wurde und schaffte all das und noch mehr mit einem Lächeln im Gesicht und meistens, wie gesagt, zusätzlich mit einem Kind auf dem Arm.


Jeder, der Mitarbeiter, von denen 11 festangestellt sind, 5 stundenweise aushelfen und noch einige ehrenamtlich helfen, investiert sich ganz in diese Kinder, freut sich über Fortschritte und leidet bei Rückschlägen mit.


Einer dieser Rückschläge ist ein neues Gesetzt, das vom Staat erlassen wurde. Es besagt, dass Sozialfälle nicht in einem privaten Internat unterkommen dürfen.


Diese neuen Gesetzte entstanden vor allem dadurch, dass es immer wieder Skandale um rumänische Kinderheime gab, in denen Kinder vernachlässigt, eingepfercht und unterernährt wurden. Die Regierung will diese Missstände zu Recht beheben. Was dabei jedoch außer acht gelassen wird, ist dass, es Internate wie Lahai-Roi gibt, denen die Kinder wirklich am Herzen liegen und die ihr bestes geben, um den Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen.


Die Gesetzesänderung hat gravierende Auswirkungen für die Kinder von Lahai-Roi. Sie dürfen nicht über Nacht bleiben, sondern müssen jedes Mal wieder nach Hause in ihre ärmlichen Verhältnisse zurück. Für die Mitarbeiter entsteht so noch einiges mehr an Arbeit, weil sie die Kinder jetzt täglich von zuhause abholen und abends wieder zurück bringen.


Das bedeutet, dass die Kinder zurück müssen in ärmliche Verhältnisse, in Häuser ohne Eltern, in ein Leben mit einem Mindestmaß an Hygiene, wenn überhaupt darauf geachtet wird.


Alleine das Duschen, Zähne putzen und Waschen der Kleidung würde unter diesen Bedingungen einen Großteil des Tages in Anspruch nehmen, sodass viel weniger Zeit für die Hausaufgaben, Spiele und persönlichen Beziehungen unter den Kindern und zwischen den Kindern und Mitarbeitern blieben. Doch all das ist nicht nur wichtig, sondern essenziell für die Entwicklung der Kinder.


Gerade die persönlichen Beziehungen haben mich fasziniert und es wurde täglich deutlich wie sehr die Kinder gerade diese wertvolle Zeit brauchen und genießen.


Nicht nur Albert und Simon werden von den Kindern geliebt, die jede Sekunde in der Gegenwart der beiden Männer sichtlich genossen, sondern auch die Mitarbeiter sind offensichtlich einer der Angelpunkte im Leben der Kinder.



Meine Zeit in Rumänien hat mich tief bewegt, auch wenn sie nur kurz war. Die Organisation Lahai-Roi ist mit all seinen Mitarbeitern, Möglichkeiten, Spendender, Bereichen und natürlich auch der Werner-Erkes-Stiftung ein großer Segen für die Umgebung von Victoria und vor allem für die Kinder.


Natürlich habe ich nur einen kleinen Einblick in diese Organisation mit ihren vielen Arbeitsbereich bekommen, aber was ich gesehen habe hallt bis heute nach und macht mich sicher, dass Lahai-Roi gemeinsam mit der Werner-Erkes-Stiftung ihr bestes geben, um den Kindern eine Zukunft zu ermöglichen, die sie sonst wahrscheinlich nicht bekommen könnten.


Die Arbeit und ihre Auswirkungen erinnern mich an den Vers aus Jeremia 29,11: „Denn ich weiß, was für Gedanken ich über euch habe, spricht der HERR, Gedanken des Friedens und nicht des Unheils, um euch eine Zukunft und eine Hoffnung zu geben.“


Wenn auch du Lahai-Roi dabei unterstützen möchtest, den Kindern und Familien dort in Rumänien Hoffnung zu geben und eine Zukunft zu ermöglichen, dann schau doch Mal auf ihrer Seite vorbei. Sie sind außerdem auf Instagram zu finden, wo ein Team sich die größte Mühe gibt, um Neuigkeiten, Informationen und Einblicke auf kreative und leicht zu verstehende Art und Weise weiter zu geben.


Zusätzlich gibt es natürlich immer auch die Möglichkeit zu spenden und die Arbeit so direkt zu unterstützen.


Aber vor allem kannst du Lahai-Roi durch dein Gebet unterstützen, tragen und stärken. Wir können planen, investieren und umsetzten, aber wenn Gott keinen Segen schenkt, dann nützt all das nicht. Deswegen möchte ich dich bitten, dass du vor allem mitbetest.


Wenn du weitere Fragen hast, kannst du diese gerne unter dem Artikel als Kommentar loswerden (vielleicht hat jemand anderes ja die selbe Frage) oder du kannst dich direkt bei Lahai-Roi melden.


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